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Auf Tuchfühlung mit einer Spitzenspringreiterin

Itzehoe, 10.09.2021

Acht Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten das Glück, am Montagnachmittag auf dem Hof Waterkant von Janne Friederike Meyer-Zimmermann hinter die Kulissen zu blicken. Und der „Blick hinter die Kulissen“ ist hier wörtlich zu nehmen: „Wir beginnen den Rundgang in unserer Chaos-Zentrale, das ist unsere Mitarbeiter-Küche. Mal gucken, ob es was zu Schimpfen gibt“, leitete Janne Friederike Meyer-Zimmermann scherzhaft die exklusive Tour über ihre Reitanlage ein. Gab es nicht. Dafür aber jede Menge Insider-Informationen und Anekdoten aus dem Leben der Weltklasse-Springreiterin.

So gab die Profi-Springreiterin beispielsweise Einblick in ihren Berufsalltag: „Dienstag und Mittwoch sind unsere Haupttrainingstage, Donnerstag geht es meist schon auf irgendein Turnier bis Sonntag“, erzählte sie ihren lauschenden Gästen. Der Montag sei reserviert für alles, was sonst außer der Reihe anfalle, wie eben der „Blick hinter die Kulissen“ – aber leider auch oft organisatorische Aufgaben. „Natürlich ist Reiten nach wie vor mein Kernberuf und das, was mir am meisten Spaß macht“, erklärte Janne Friederike Meyer-Zimmermann. „Aber der halbe Tag geht meistens für Bürokram drauf.“ Der Arbeitstag auf dem Hof Waterkant beginnt um 7 Uhr morgens, beim gemeinsamen Frühstück mit den Mitarbeitern wird die Tagesplanung besprochen, Feierabend ist normalerweise um 18 Uhr. „Leider wird es natürlich oft später oder die Mittagspause fällt auch schon mal aus. Man braucht schon sehr viel Flexibilität und Leidenschaft für diesen Beruf“, konstatierte die 40-Jährige. Ob sie es da noch zum Einkaufen schaffe, wollte eine Teilnehmerin wissen. Das mache ihr Mann, gab die Reiterin zu. Ob sie da Glück habe? „Ich glaube, mein Mann denkt, er macht es einfach besser als ich“, sagte sie augenzwinkernd. Er sei im Hause Meyer-Zimmermann auch der Koch.

Weiter ging der Hofrundgang durch die Stallungen und die Sattelkammern auf den Hof, wo gerade ein Pferd aus einem Pferdeanhänger stieg: Die sechsjährige Stute sei neu und komme als Nachwuchspferd auf den Hof, erklärte die Pinneberger Springreiterin mit leuchtenden Augen und man merkte ihr die Begeisterung für ihren Beruf an. Nach einem Blick in die Solekammer, die den Pferden Erholung für die Atemwege und Wellness bietet, ging es vorbei am Laufband – „Unser Fitnessstudio für die Pferde“, so Janne Friederike Meyer-Zimmermann – hinüber in den Hengststall. „Hier wenden wir meine Spezialtaktik an“, erklärte die Reiterin lachend. „Ein Deckhengst, ein Wallach, immer im Wechsel.“ So lasse sich die Gesamtsituation beruhigen und die Hengste würden nicht so sehr von ihren Hormonen gesteuert. Eine spannende Neuerung in puncto Hengsthaltung ist auf dem Hof Waterkant übrigens gerade in Planung: Eine frühere Futterkammer und ein Nebenraum mit hoher Decke werden derzeit zur Mini-Deckstation umgebaut. Das habe den Vorteil, dass die Hengste im Sport laufen und gleichzeitig hier in ihrer vertrauten Umgebung im Deckeinsatz sein könnten, erläuterte die Springreiterin, die gemeinsam mit ihren Eltern auch selbst Pferde züchtet.

Nachdem alle – auch die Hofbesitzerin selbst – ausgiebig Streicheleinheiten an die Hengste und Wallache verteilt hatten, ging es weiter zu den weitläufigen Weiden zwischen den Stallgebäuden und dem großen Springplatz. Sehr wichtig ist Janne Friederike Meyer-Zimmermann nämlich neben einem abwechslungsreichen Training mit Ausritten, Arbeit an der Longe und auf verschiedenen Untergründen auch, dass alle Pferde täglich Auslauf bekommen. „Das Wichtigste für mich ist, dass die Pferde zufrieden sind“, sagte sie. Deshalb gebe es bei ihr auch keinen Stehtag, alle Pferde kämen täglich raus, und sei es nur für einen Spaziergang, ein wenig Freilaufen in der Reithalle oder Auslauf auf einem der Sandpaddocks.

Ebenso wetterfest wie ihre Pferde ist Janne Friederike Meyer-Zimmermann selbst. Am Pavillon neben dem Springplatz stehend, erklärte sie ihren Gästen, wieso sie bei jedem Wetter draußen reite: Auf großen Turnieren, wie beispielsweise dem CHIO Aachen, werde wegen schlechten Wetters auch nicht abgebrochen. „Da kann es regnen, wie wenn du unter der Dusche stehst, da musst du trotzdem reiten.“ Das müssten sowohl Pferde als auch Reiter schon von zu Hause aus dem Training gewohnt sein, um auswärts auf Wettkämpfen vorn mitmischen zu können. Wichtig sei ihr nur die Bodenbeschaffenheit. Und um die müssen sie sich auf dem Hof Waterkant kaum Sorgen machen: Der große Springplatz hat einen Ebbe-Flut-Boden und ist somit bei fast jedem Wetter bereitbar.

Bevor es zurück zu den Stallgebäuden ging, verriet Janne Friederike Meyer-Zimmermann noch eine Geschichte aus ihrer Kindheit, die sich aber nicht zum Nachmachen eigne, wie sie lachend betonte. „Ich bin mit meinem Pony immer über meine beste Freundin gesprungen, die musste sich dann als Hindernis hinknien“, erzählte sie. Ob sie die Freundin heute noch habe? Ja klar! „Mein Pony hat nie Fehler gemacht“, kam prompt die Antwort. Vergnügt zogen die pferdebegeisterten Besucher gemeinsam mit ihrer Gastgeberin durch die letzten Stallgebäude in Richtung Abendessen.

Doch auch ernstere Themen wurden angesprochen. Nach ihrer Einschätzung der unschönen Bilder aus dem Modernen Fünfkampf bei der diesjährigen Olympiade gefragt, antwortete die erfolgreiche Springreiterin: Der Wettkampf hätte aus ihrer Sicht zum Schutz aller Beteiligten unbedingt abgebrochen werden müssen. „Man hat die Überforderung, die Verzweiflung der Reiterin ja deutlich gesehen“, erklärte sie. Da wolle sie der Sportlerin alleine gar keinen Vorwurf machen, sie selbst als Profi-Reiterin hätte in dieser schwierigen Situation nicht mit ihr tauschen wollen. „Ich bin auch dafür, das Reiten aus dem Modernen Fünfkampf zu streichen.“ Als professionelle Springreiterin wisse sie, dass es im Grunde unmöglich sei, sich in so kurzer Zeit auf ein Pferd einzustellen und dann solch eine Aufgabe vor so einer beeindruckenden Kulisse zu bewältigen. „Für uns Reiter im großen Sport ist Vertrauen ganz wichtig. Und alles, was mit Vertrauen zu tun hat, geht nur mit kontinuierlicher Reiterei und Zusammenwachsen als Team“, betonte sie. Da konnten ihr die Teilnehmer nur zustimmen.

Beim gemeinsamen Abendessen kamen wieder erfreulichere Themen auf den Tisch, Janne Friederike Meyer-Zimmermann gab weitere Anekdoten aus ihrem Reiterleben zum Besten und stand ihren Gästen Rede und Antwort auf deren Fragen. „Wow, wirklich der Wahnsinn, wie nett und bodenständig Janne ist“, schwärmte Despina Huesmann, eine der Teilnehmerinnen, die extra aus Gladbeck in Nordrhein-Westphalen angereist war. „Und ganz toll, wie nah wir hier an die Pferde ran durften und hier so ganz offen alles anschauen“, ergänzte sie und wurde von den anderen Gästen bestärkt. Zum Abschied wurden noch Selfies gemacht und mit unterschriebenen Autogrammkarten und Caps von Janne Friederike Meyer-Zimmermann im Gepäck, traten die Besucher die Heimreise an.

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Über den Autor

Jan Müller-Tischer

Seit 50 Jahren bin ich Itzehoer. 30 Jahre davon war ich als Reporter unterwegs. Erst bei der Zeitung, dann beim Radio und danach viele Jahre beim Fernsehen. Und jetzt bei den Itzehoer Versicherungen. Ganz was anderes? Nö - denn der Job ist immer der gleiche: Es geht darum, komplizierte Dinge schnell und einfach rüberzubringen.

Was macht eigentlich? Wie geht eigentlich? Wozu brauche ich eigentlich? Darüber blogge ich hier.